Stirbt das Metzgerhandwerk?

Ein untersetzter, älterer Mann in Gummistiefeln. Um den Bauch gebunden eine weiße, blutverschmierte Schürze und in der Hand ein großes, scharfes Messer. Vermutlich haben viele von uns ein derartiges Bild im Kopf, wenn sie an einen Metzger oder Fleischer denken.

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Alte Vorurteile und ein neuer Wind

Ein untersetzter, älterer Mann in Gummistiefeln. Um den Bauch gebunden eine weiße, blutverschmierte Schürze und in der Hand ein großes, scharfes Messer. Vermutlich haben viele von uns ein derartiges Bild im Kopf, wenn sie an einen Metzger oder Fleischer denken. 

Ein abgestumpfter Mann, der sein Leben mit der grausamen Aufgabe verbringt, Tiere zu schlachten und sie zu zerlegen. Das tatsächliche Bild ist ein ganz anderes, dazu aber später mehr.

Zuerst betrachten wir die grundsächliche Situation.

Metzger Handwerk

Bei meiner Recherche ist mir eine interessante Tatsache aufgefallen. Googelt man Metzger Handwerk erscheint als erste vorgeschlagene Frage: „Ist Metzger ein Handwerk?“ und „Ist Metzger ein Beruf?“. Heißt das, dass die Jugend von heute gar nicht mehr weiß, was dieser Beruf bedeutet? Ich vermute, viele der letzten Generation waren in ihrem Leben noch nie in einer Metzgerei. Heutzutage ist es normal und selbstverständlich, sein Fleisch im Supermarkt zu kaufen. Dahinter stecken allerdings große, industrielle Betriebe, die meist nichts mehr mit dem klassischen Metzgerberuf zu tun haben. 

Das führt dazu, dass sich die Zahl der Metzger in Deutschland in den letzten 20 Jahren nahezu halbiert hat, der Umsatz der Branche aber fast konstant geblieben ist. Unterstützt durch die Massentierhaltung wurden Schlachtung und Zerlegung stark industrialisiert. Kostensenkung und Gewinnmaximierung sind das Ziel. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Qualität des Fleischs und das Wohlergehen der Tiere. Auch unsere Fachmänner und -frauen bestätigen uns immer wieder: Tierwohl und Qualität gehören untrennbar zusammen.

Durch zu wenig Platz in der Haltung haben Tiere gar nicht die Möglichkeit eine starke Muskulatur aufzubauen und der enorme Stress bei der Schlachtung führt zu einem zähen Endprodukt. Durch die maschinelle Zerlegung am Fließband werden die Stücke zusätzlich nicht sauber pariert und das fertige Produkt enthält schon auch mal Knorpel oder Knochensplitter. Und das sind nur Beispiele.

Dazu sind gesellschaftliche Ansichten mit Mythen und falschen Fakten gefüttert. „Fleischkonsum ist ungesund“ und „die Tierhaltung ist schuld an der Klimaerwärmung“, sind Aussagen die tief verankert sind. Tatsache ist, dass wir dessen ungeachtet durchschnittlich immer noch 150g Fleisch pro Tag essen.  Über ein Kilo in der Woche und trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen wirkt es verpönt diesbezüglich mehr Geld auszugeben. Als würde man für etwas Unwichtiges das Geld verschwenden.

Abgesehen vom gesellschaftlichen Standing kamen in den letzten zwei Jahren noch zusätzliche Erschwernisse wie die Corona Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die Inflation hinzu. Die Kosten steigen, Fachkräfte sind schwer zu finden und Kunden müssen Geld sparen. Für diejenigen unter uns, die nach wie vor Qualitätsfleisch konsumieren wollen, gibt es aber noch weitere Hürden. Fahrtwege zum nächsten guten Metzger sind zu lange, man kennt überhaupt keinen guten oder die Öffnungszeiten lassen sich mit den eigenen Arbeitszeiten nicht vereinbaren.  Eines der ältesten und traditionsreichsten Handwerke stirbt also vor sich hin. 

Aber es geht auch anders:

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Eine neue Generation von Metzgern!

Ein junger Mann, Ende 20, steht vor uns. Schlank, trainiert, lachend. Nach eigenen Aussagen wurde er quasi in der Wurstküche geboren und für ihn stand immer fest, dass er, wie einige Generationen vor ihm, das Familienhandwerk weiterführen möchte. Im Treppenhaus der Metzgerei hängt die Ehrung zur 60-jährigen Meisterwürde des Vaters. Es ist traditionell und verwurzelt. Als wir zum gemütlichen Abschluss des Besuchs den Grill anwerfen, wird über vergangene Messen und Veranstaltungen in ganz Deutschland geplaudert. Gleichzeitig aber auch über die neueste Folge einer Serie, die gestern Nacht erschien. Ich musste schmunzeln und mich ein weiteres Mal selbst ermahnen, das veraltete Sinnbild eines Metzgers aus dem Kopf zu bekommen. 

Sie haben verstanden, dass sie mit der Zeit gehen müssen, um Erfolg zu haben. Hinter der Fleischzerlegung steckt extrem viel Wissen über Muskelstrukturen, Knochenbildung und Konservierung. Wie Sterneköche überlegen sie sich neue Kreationen von Wurstwaren. Ausgewählte Gewürze, besondere Zutaten und bestimmte Räucheraromen werden zu einer Symbiose vereint. Obendrein weiß natürlich auch jeder Metzger, wie seine Produkte am besten zubereitet werden. Sie beziehen regionale Rassen und fordern auch von Landwirten beste Haltungsbedingungen. Nachdem hierbei ganze Tiere (lebendig oder bereits geschlachtet) gekauft werden, ist auch der „from Nose to Tail“ – Ansatz extrem wichtig. Man versucht Tiere so vollständig wie möglich zu verarbeiten, da man sonst kostbares Kapital verschwendet. Das macht sie eigentlich zu Vorreitern für die Trends Nachhaltigkeit und Regionalität. 

Sie sind jung, hip und kreativ. Sie nutzen Social Media, Onlineshops und internationale Communities.

Ein Beispiel: das Butchers Manifesto. Eine globale Bewegung, die 2016 in Kopenhagen gegründet wurde, um traditionelle Metzgermethoden und Kenntnisse zu sammeln, zu bewahren und weiter zu geben. 44 Metzger aus 13 Nationen haben sich dabei auf 5 Leitsätze geeinigtDiese beinhalten die Ehrung des Handwerks, den Austausch von Wissen, die Förderung von Innovation und die Pflicht zu verantwortungsvollem Fleischkonsum.

Wir konnten einen dieser Metzger für unseren Marktplatz gewinnen und ihn bei seiner Arbeit begleiten. Es ist beeindruckend, wie leidenschaftlich er um sein Handwerk kämpft und wie viel die Gemeinschaft schon erreichen konnte.

Auch auf nationaler Ebene haben Enthusiasten Netzwerke gegründet. Die Fleischsommeliers beispielsweise sind Genussbotschafter für Fleisch und gesunde Ernährung. Sie sprechen von der höchsten Qualifikation, die ein Metzger erreichen kann. Dazu versuchen sie auch ein neues Bild zu erschaffen. Unter dem #Butcherchallenge rufen sie weltweit Fleischer dazu auf, vier Bilder von sich zu posten. Bei der Arbeit, Verrückt, beim Hobby und beim Kochen. Denn auch sie spielen Golf, schauen Netflix oder reisen um die Welt. Sie sind Väter, Ehefrauen und Vorbilder.

12 besonders ehrgeizige deutsche Metzger treten sogar an internationalen Wettbewerben an. Das Butchers Wolfspack wird von Captain Dirk Freyberger angeführt. Erst im September 2022 holte das Team Gold bei der World Butchers Challenge in Sacramento, USA und bestätigte dadurch, wie atemberaubend das deutsche Fleischerhandwerk ist. In dreieinhalb Stunden musste das Team eine halbe Kuh, ein halbes Schwein, ein ganzes Lamm und fünf Hühnchen zerlegen und zu Produkten weiterverarbeiten. Unter dem Motto Oktoberfest haben sie damit die Jury voll und ganz überzeugt.

Man begeistert weltweit mit den Kreationen dieses Handwerks, nur leider nicht mehr im eigenen Inland. Wir möchten nicht zusehen, wie das Metzgergewerbe ausstirbt, denn dahinter steht so viel mehr als nur die simple Zerlegung von Fleisch. Enormes Wissen über Strukturen, Qualität und Geschmack wird nicht mehr weitergegeben. Meistens beziehen Metzger ihre Produkte von kleinbäuerlichen Landwirtschaften aus der Umgebung und unterstützen dadurch faire Preise und bessere Bedingungen für Tiere. Zu einer gesunden, ausgewogene Ernährung gehört Fleisch. Bewusster Fleischkonsum heißt nicht darauf zu verzichten, sondern auf Qualität und Herkunft zu achten. 

Wir setzen uns dafür ein, mehr Bewusstsein zu schaffen. Metzger sind Lebensmittelenthusiasten und kreative Feinschmecker. Sie sollten genauso geschätzt werden wie gute Köche.

Ihr habt keinen guten Metzger? Dann schaut auf www.meatapp.de und bestellt direkt bei den besten Metzgern Deutschlands.

Durch unseren Marktplatz helfen wir zum einen den Metzgern neue Kunden zu erreichen und zum anderen liefern wir Konsumenten die einfache Möglichkeit wirklich gutes Fleisch zu kaufen. Gemeinsam können wir Etwas verändern.

Eure Stephi

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